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ideas4parents Adventskalender – Türchen #21: Weihnachtsgeschichte: Sichtbar und gesehen werden

Heute, kurz vor Weihnachten, gibt Zauberer Bildigi seine letzte Vorstellung des Jahres. Die Kinder sitzen alle gespannt auf den Stühlen. Der rote Vorhang gleitet zur Seite, und schlagartig wird es still im Publikum. Eine Trommel schlägt dunkel und schwer: einmal, zweimal, dreimal…
Da erscheint Zauberer Bildigi auf der Bühne – in schwarzem Umhang und blauem Spitzhut, einem Hut, der fast so hoch ist wie der Zauberer selbst.
Zauberer bildigi
– „Liebe Kinder, es ist mir so kurz vor Weihnachten eine besondere Ehre, euch noch einmal meine Zauberkünste vorführen zu dürfen. Doch allein kann ich nicht besonders gut zaubern. Ich brauche meine Mitzauberin Bildiga.“
Bildigi dreht sich einmal um seine Achse, geht dann plötzlich in die Knie, wobei ihn sein schwarzer Umhang ganz verdeckt. Ein Trommelwirbel, und kurz darauf wird der Zauberer wieder sichtbar.
Aber nicht allein! Neben ihm steht nun die kleine Zauberin Bildiga, die auch so einen Hut trägt wie Bildigi.
Aber was ist das? Die kleine Zauberin scheint überhaupt nicht zufrieden zu sein. Sie schaut Bildigi finster an.
– „Nein, Nein, Nein, ich will das nicht!“
– „Aber Bildiga, die Kinder warten doch. Sie wollen, dass wir ihnen etwas vorzaubern.“
– „Ich will aber selbst auf die Bühne kommen! Ich will nicht, dass du mich einfach herzauberst. Ich zeig dir mal, wie das ist, wenn man einfach so verzaubert wird, ohne dass man will.“
Und im nächsten Moment dreht sich nun Bildiga um ihre Achse, springt dann dreimal um Bildigi herum und wusch – weg ist der Zauberer!
– „Hah“, sagt Bildiga, „so ist das nämlich. Es geschieht einfach mit einem. Ohne dass man es will. Gut, jetzt will ich ihn mal wieder herzaubern, aber erst einmal nur so ein bisschen…“
Bildiga holt von der Seite einen Wagen mit Käfig, und schiebt ihn in die Mitte der Bühne. Sie nimmt eine violette Decke und legt sie über den Käfig.
– „Erscheine, Bildigi, aber zeig dich nicht ganz, denn fühlen sollst du es, und befragen muss ich dich, bevor der Zauber vergeht!“
Bildiga zieht die Decke mit einem schnellen Ruck vom Käfig.
Schemenhaft, wie ein Schatten, wird im Käfig die Figur des Zauberers sichtbar. Aber ganz erkennen kann man ihn noch nicht.
zauberer kaum sichtbar
– „Wo bin ich? Wo bin ich? Was ist mit mir?“
Bildigi scheint verwirrt zu sein.
– „So, großer Bildigi, nun frage ich dich, wie ist es, einfach so herumgezaubert zu werden? Hat es dir etwa gut gefallen?“
– „Bildiga, ich höre deine Stimme, aber kann dich nicht sehen. Wo bin ich nur?“
– „Ich habe dich halb sichtbar gezaubert, du bist nicht weg, aber auch nicht da. Wir können dich nicht so sehen, wie du bist. Und du kannst uns auch nicht richtig sehen.“
– „Bitte, bitte, liebe Bildiga, zaubere mich wieder ganz zurück. Es ist doch Weihnachten. Da möchte ich nicht so ein Schemen sein!“
– „Nur Geduld, Bildigi, ich will nur mal, dass du weißt wie das ist. Fühlst du dich etwa wohl so?“
– „Nein, nein, es ist schrecklich, ich will, das es aufhört.“
– „Und wie fandest du es, als du plötzlich weg warst, und wir alle dich nicht mehr sehen konnten?“
– „Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Es kam einfach über mich. Ich konnte gar nichts tun. Bitte, bitte, mach das nie wieder, Bildiga, bitte lass mich wieder ganz erscheinen, ok?“
– „Keine Angst, Bildigi, gleich lass ich dich wieder normal werden, aber zuerst versprich mir, dass du mich auch nicht mehr einfach herumzauberst, ja?“
– „In Ordnung, ich verspreche es! Nie wieder werde ich dich einfach so herumzaubern.“
– „Nun gut. Ich will es dir glauben.“
Bildiga wirft wieder die violette Decke über den Käfig, läuft dreimal um ihn herum.
– „Nun Bildigi zeige dich wieder ganz, lass dich erkennen, so wie du bist!“
Bildiga zieht die Decke wieder herunter, aber ohje! Der Zauber ging schief!
Bildigi scheint nicht deutlicher, sondern eher noch blasser geworden zu sein! Bildiga läuft verzweifelt um den Käfig und schaut von allen Seiten nach.
– „Ohje, ohje, was hab ich getan, meine Zauberkräfte scheinen schwächer zu sein ohne Bildigi! Was soll ich nun tun?“
Dann bleibt Bildiga plötzlich stehen und schaut ins Publikum.
– „Vielleicht schaffen wir es alle gemeinsam, Bildigi wieder herbeizuzaubern! Könnt ihr Kinder mir vielleicht helfen? Denn eigentlich ist jeder ein kleiner Zauberer! Wollt ihr?“
– „Ja! Ja!“ rufen die Kinder.
Bildiga wirft noch einmal die Decke über den Käfig.
– „Wenn ich um den Wagen laufe, müsst ihr alle gemeinsam mit mir den Zauberspruch rufen, und zwar so laut ihr könnt, wir brauchen alle Zauberkraft, die wir zusammen bekommen können! Ich sage euch noch einmal den Spruch: >> Nun Bildigi zeige dich wieder ganz, lass dich erkennen, so wie du bist!“ <<
Seid ihr bereit?“
– „Ja, Ja, Ja“ schallt es aus dem Publikum.
Bildiga läuft wieder um den Käfig und alle rufen nun zusammen:
– „Nun Bildigi zeige dich wieder ganz, lass dich erkennen, so wie du bist“!!
Und schwups zieht Bildiga die Decke wieder vom Käfig, und ein großes Ahhh geht durch den Raum.
Bildigi ist wieder zu sehen. Er steht noch im Käfig, aber ist deutlich zu erkennen.
Bildiga läuft auf die Seite des Käfigs, öffnet eine verborgene Tür, und Bildigi steigt heraus.
Wieder Sichtbar
Beide verneigen sich vor den Kindern.
Noch eine Weile zaubern Bildigi und Bildiga gemeinsam an diesem Nachmittag bis die Vorstellung schließlich zu Ende ist.

5 Antworten auf „ideas4parents Adventskalender – Türchen #21: Weihnachtsgeschichte: Sichtbar und gesehen werden“

Lieber Andreas,
das ist wirklich eine süße Geschichte.
Vielen Dank was du dir da hast einfallen lassen.
Grüße Marie

ideas4parents - Andreas sagt:

Liebe Marie,
freut mich, dass sie dir gefallen hat.
Schöne Weihnachten euch in Bamberg!
LG
Andreas

Lotti sagt:

Wirklich eine süße Geschichte! Ich musste unweigerlich daran denken, dass Kinder genauso machtlos sind und nicht immer so gesehen werden, wie sie sind!
Wirklich gut!
Liebe Grüße
Lotti

ideas4parents - Andreas sagt:

Hallo Lotti,
danke, danke, das freut mich 🙂
Das „gesehen werden“-Thema finde ich sehr wichtig 😉
Frohe Weihnachten und liebe Grüße!
Andreas

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