Ratschläge sind willkommen oder auch nicht. Welche Erfahrungen hast Du mit „guten Ratschlägen“? Zu diesem Thema hat der Blog Papaleaks eine Blogparade gestartet: „Mein Kind kann das schon alleine“. Seine Fragen sind: Wie geht ihr mit Ratschlägen um? Seid Ihr vielleicht jemand der anderen gern aus seinem Erfahrungsschatz Ratschläge erteilt? Was haben Eure Kinder von ganz alleine gelernt und gewollt und wo „musstet“ Ihr „nachhelfen“?
Ich glaube daran, dass sich Kinder in einer anregenden Umgebung entwickeln und vieles von alleine lernen. Warum leisten Menschen manchmal ungefragt „Beistand“? Was unterscheidet mich von Ratgebern? Was habe ich mit Ratgebern gemeinsam?
Warum beraten Menschen?
Was sagt mir die Person, die mich berät, über sich selbst? Vielleicht möchte die Person ihre Erfahrung mit mir teilen. Oder sie berät und hilft gern, auch ungefragt. Vielleicht glaubt die Person, sie hat eine gute Lösung gefunden und möchte diese weiter geben. Vielleicht glaubt sie aber auch, ich mache es „falsch“ und sie „richtig“. Bei Großeltern und Freunden kann es weh tun, wenn wir den Rat zurückweisen. Jemand wollte „helfen“ und wir Eltern lehnen die Hilfe ab.
Worin ich mich von Ratgebern mit Ratschlägen unterscheide
Was andere meinem Kind und mir manchmal nahe bringen wollen, entzieht sich meiner Logik. Mein Kind ist keine allgemeingültige Gleichung. Was für Kind x gilt, muss nicht für mein oder ein anderes Kind x gelten. Ratgeber stellen mich manchmal vor unlösbare Gleichungen, weil das, was sie sagen oder glauben, meiner Meinung nach für kein Kind gilt.
Was ich mit Ratgebern gemeinsam habe
Wenn es nicht fremde „Berater“ sind, die sich selbst gern reden hören, wollen wir alle ein Kind, das im Leben klar kommt. Oder die „Mentoren“ wünschen sich, dass wir Eltern gut mit unserem Kind leben können, weil wir ihnen etwas bedeuten.
Wo gebe auch ich Hinweise oder Ratschläge oder lasse mein Kind nicht nur alleine etwas tun, obwohl mir mein Kind und seine Selbständigkeit sehr am Herzen liegt?
Woran ich als Mama arbeite
Selbständigkeit
Auch ich ertappe mich regelmäßig dabei, mein Kind nicht allein machen zu lassen und die Geduld von uns Eltern zu schonen: Die Tochter möchte aus der vollen Milchtüte Milch in eine kleine Schale einschenken oder die Cornflakes in Milch ertränken und dabei aus Versehen ein Kleopatra Milchbad produzieren. Was stelle ich zur Verfügung, damit mein Kind es doch alleine kann? Ich baue später eine Gießstation auf, mit einem leeren Milchkarton, den ich mit Wasser fülle. Noch einmal davon gekommen, in dieser Sache. Wenn alle Situationen so leicht zu lösen wären…
Sicherheit
Klar, ich kann mein Kind das erste Mal nicht allein über die Straße laufen lassen. Vor was sollte ich die Tochter schützen oder lieber nicht schützen, damit ich sie nicht um wertvolle Lebenserfahrung bringe? Die Frage stelle ich mir immer wieder und die Antwort fällt entsprechend der Situation immer wieder anders aus.
Schutz vor Anderen
Ich mische mich auch manchmal ein und sage jemanden, dass die Tochter das schon allein kann. Aber kann sie das nicht selbst, wenn es sie stört? Zum gegebenen Zeitpunkt wird sie es können, wenn ich sie lasse.
Mehr Hilfe als nötig
Warum gebe ich der Tochter ungefragt eine Handlungsanweisung? Weil ich z.B. ungeduldig bin oder nicht genügend Zeit eingeplant habe. Das kommt im Alltag vor. Oder es läuft so: Die Tochter ist dabei, einen stapelbaren Einkaufskorb zurück zu bringen. Verkniffen habe ich mir zu sagen, dass sie den Korb umdrehen soll, damit er auf die anderen Körbe passt. Das hat sie nämlich selbst ohne meine Empfehlung herausgefunden.
Hat sich da am Ende ein getarnter Rat an alle Eltern eingeschlichen?
Nein, für mich klingt es wie ein Gebet an etwas Höheres (ohne Missionierung): Lass uns ALLE Eltern immer wieder zum passenden Zeitpunkt die Geduld, den Mut und das Vertrauen aufbringen, Kindern eigene Erfahrungen zu ermöglichen.
4 Antworten auf „Eltern und Kinder voller Ratschläge – annehmen oder sich selbst vertrauen?“
Liebes Team von ideas4parents,
der Artikel gefällt mir und bringt mich zum Nachdenken… Ich bin nämlich im Alltag leider oft sehr ungeduldig und sollte deutlich gelassener sein, im Hinblick auf die Selbständigkeit der Kinder. Auch wenn dieser Artikel kein Rat sein sollte, so werde ich versuchen, ihn mir dennoch in Zukunft zu Herzen zu nehmen, wenn ich meinem Kind beim Schuhe oder Socken anziehen zusehe… 🙂
Viele Grüße
Hanni
Liebe Hanni,
das Spiel mit der Geduld ist aber auch eine Herausforderung. Heute sind wir doch „Prime Kunde“ und haben statt Wartezeit ein Smartphone. In dieser Welt sitzt unser Kind und versucht zum gefühlten 50.Mal die erste Socke anzuziehen. Kinder sind manchmal ganz schön geduldig, wenn sie nicht gerade auf eine Pizza warten. Eltern sind manchmal ungeduldig, wenn sie auf die Kinder warten und etwas vorhaben. Dann aber sind Eltern wieder geduldig beim Lego bauen, malen…Nur fällt uns die Geduld vielleicht nicht immer als solche auf? 😉
Lieben Gruß vom ideas4parents Team
Toller Artikel! Mein Kind darf ziemlich viel allein, was andere oft dazu verleitet, mich darauf hinzuweisen, dass das und das gerade probiert wird, in der Absicht, mich zum Einschreiten zu bewegen – was ich meist gleichmütig ablehne mit dem Hinweis, man wisse schon, wie man damit umgehe oder werde es dann eben herausfinden. Oftmals wollen es die Leute dann aber nicht glauben und schreiten selbst ein, weil sie „Gefahr im Verzug“ wittern. Ich finde das meist sehr übergriffig und schlage auch gern mal einen schärferen Ton an, um darauf hinzuweisen, dass das Kind auch mit spitzen oder schweren Gegenständen experimentieren darf – immerhin habe ich stets ein Auge darauf und mittlerweile weiß es, da es schon früh mit Löffelstielen u.ä. geübt hat, ganz genau, was scharf, spitz und nicht so toll im Mund ist. Ich ermutige das Kind auch immer gern, Neues auszuprobieren und zeige auch mal, wie Türen aufgehen etc. Nach kleineren Verletzungen mache ich (nach Trösten und Beruhigen) nochmal vor, wie man sicher mit den entsprechenden Gegenständen/Situationen umgeht, ohne sie direkt zu konfiszieren oder generell als „No-Go-Area“ abzutun. Notfalls greife ich natürlich auch ein, aber dank des vertrauensvollen Entdecken-Lassens ist das nur selten notwendig. Andererseits wird man dann oft gefragt, wie es kommt, dass das Kind so selbständig und entdeckungsfreudig agiert…
Als Mutter wird man meist schief angesehen, wenn das Baby eine Plastiktüte Lego fröhlich schüttelt – es könnte sich ja ein oder beide Augen ausstechen, die Tüte könnte aufgehen und die Teile verschluckt werden, die toxischen Farben, usw.
Ich möchte meinen Kind aber vor allem die Freude an den Facetten des Lebens vermitteln, ohne seine Gefahren zu verleugnen, aber Ihnen eben den richtigen Platz zuzuweisen.
Danke Lale!
schade, dass Dein kalkuliertes Risikomanagement als scheinbares Nichtstun verkannt wird. Auch wenn Eltern scheinbar „nichts tun“, können sie trotzdem als Eltern arbeiten, wenn auch im Hintergrund 😉
Wo können wir als Begleiter von Kindern etwas riskieren? Wo müssen wir etwas riskieren, damit es am Ende nicht gefährlich wird, weil wir und unsere Kinder nicht lernen, mit Angst umzugehen?
Angst hat ein hohes Phantasiepotential, wenn man sich ausmalt, was allen passieren kann und sie macht uns aufmerksam. Beides können wir in der Begleitung von Kindern auch brauchen, oder? Wenn wir unsere Angst kennen, können wir vielleicht das eine oder andere riskieren…
Liebe Grüße vom ideas4parents Team