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Kinder brauchen keine Zähmung!? – Die Geschichte der Kindererziehung

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Wie ich hier schon einmal beschrieben habe, mache ich mir im Grunde wenig Sorgen darüber, ob sich unsere Tochter „gut entwickeln“ wird.
Aber natürlich denke ich als Papa immer wieder nach, wie ich in verschiedenen Situationen angemessen „reagiere“.
Und darüber hinaus interessiere ich mich generell dafür, wie mit Kindern umgegangen wird. Oder wie sich die Erziehungsstile im Lauf der Zeit geändert haben.

Ich glaube inzwischen, dass sich gerade in der Form der „Kindererziehung“ die Gesellschaft unfreiwillig und unbewusst von ihrer „wahren“ Seite zeigt. Und das scheint schon immer so gewesen zu sein…

Tatsächlich beschäftige ich mich verstärkt mit dem Thema, seit ich auf den Familientherapeuten Jesper Juul gestoßen bin. Jesper Juul scheint zur Zeit einer der prominentesten Autoren und Ratgeber in Sachen „Kindererziehung“. Und ich kann sagen, ich habe jetzt mit großem Interesse sein Buch „Dein kompetentes Kind„* gelesen. Daher möchte ich euch heute ein paar Inhalte daraus vorstellen, die ich spannend finde.

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Die Geschichte der Kindererziehung

Zuvor verweise ich euch jedoch – quasi zur Hintergrundlektüre – auf zwei Seiten, auf denen man sich über die Geschichte der Kindererziehung grundsätzlich informieren kann:

  1. Der Abschnitt „Gebildete Kindheit“ aus dem Handbuch der Bildungsarbeit im Elementarbereich der Uni Bremen
  2. Die „Geschichte der Kindererziehung“ aus werner stangl’s Arbeitsblättern

Beide Seiten führen kurz und knapp durch die Geschichte der Kindererziehung und zeigen auf, wie sich unser Bild vom Kind und Kindsein über die Zeit verändert hat.

Die kleinen Wilden

Wie man aus diesen Quellen leider erfährt, ist die Geschichte der Kindererziehung von vielen Grausamkeiten durchzogen. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert prägte insbesondere die Vorstellung von den „kleinen Wilden“ das Bild des Kindes – und damit den Umgang mit den Kindern.
Kinder werden demnach wild geboren (eher als egozentrisches, wildes Tier denn als fertiger Mensch). Sie müssten durch verschiedene Methoden gezähmt werden, damit sie später in unsere Gesellschaft passen (und dort ihre Pflichten erfüllen).

Integrität und Kooperation

In seinem zweiten Kapitel mit der Überschrift „Kinder kooperieren“ benennt Juul diesen „Konflikt zwischen dem Einzelnen und der Gruppe„. Und er deutet ihn letztlich als Konflikt zwischen der Integrität des Individuums und der Kooperation in der Gemeinschaft.
Die Theorie von den kleinen Wilden, so Juuls, habe zu der vorherrschenden Meinung geführt, dass Kinder grundsätzlich einmal nur egozentrisch seien und auf Krawall gebürstet. Durch klare Strukturen und Regeln wollte man verhindern, „dass Kinder die Macht übernähmen„.

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Auch noch in den letzten Jahrzehnten habe sich daher die Fehleinschätzung in den Köpfen gehalten, dass Kinder in erster Linie aus Egomotiven handelten.
Erst seit kurzem habe sich jedoch, laut Juuls, in der Wissenschaft die Einsicht erhärtet, dass es gerade umgekehrt sei. Kinder würden in den meisten Fällen eher zur Kooperation neigen als zu Konfrontation und egoistischem Verhalten.

Die versteckte Kooperation

Dabei – und das fand ich besonders spannend – sei diese Kooperation nicht immer auf den ersten Blick als solche erkennbar.
Kinder würden nämlich nicht kooperieren, indem sie tun, was man will oder ihnen sagt. Sie seien dafür bereits viel zu kompetent.
Unbewusst weisen sie uns stattdessen auf Schwierigkeiten in unserer Beziehung zu ihnen hin, gerade indem sie NICHT tun, was Mama oder Papa vielleicht erwarten!
Juuls bringt einige gute Beispiele, die ich hier in der Kürze leider nicht gut wiedergeben kann. (An dieser Stelle kann ich nur auf das Buch selbst verweisen)
Doch unter dem Strich steht dabei immer eine Aussage:

Egal wie sich dein Kind verhält, es hat einen respektablen Grund dafür, und tut das nicht einfach aus Egoismus oder Lust an der Konfrontation!

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Die Integrität von Eltern und Kindern muss gewahrt bleiben!

Wenn nun aber die Kooperation der „Hauptmodus“ des Kindes ist, entsteht quasi ein verdrehtes Bild der Gefahrenlage.
Bisher befürchten noch immer viele Eltern, dass sich unsere Kinder zu asozialen Wesen entwickeln, wenn wir nicht korrigierend eingreifen. Eher müssen wir wohl dafür Sorge tragen, dass sie nicht ihre Integrität verlieren, wenn sie über Gebühr zu falscher Kooperation gedrängt würden.

Integrität, so Juuls, umfasse „unsere gesamte physische und psychische Existenz„. Kinder seien grundsätzlich auf Kooperation gepolt – und es ist die Aufgabe der Eltern für ihre Integrität zu sorgen. Da Anpassung evolutionär für den Erhalt der Art unabdingbar sei, wäre die wirkliche Herausforderung, die persönlichen Grenzen des Kindes nicht zu verletzen.

Dabei aber dürften Eltern nicht den Fehler machen, über ihre eigenen Grenzen zu gehen!
Denn gerade, indem Eltern ihre EIGENEN Grenzen als solche deutlich machten, leben sie ihrem Kind vor, wie es selbst auf seine Grenzen achten kann und muss.

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Mein Fazit

Ich finde Jesper Juuls einen spannenden dritten Pol gegenüber herrschenden Konfliktpositionen. Bei ihm müssen Kinder und Eltern beide auf sich und aufeinander achten. Die Beziehung zwischen ihnen steht im Vordergrund. Und das finde ich schön und spannend zugleich! 🙂

Bis zum nächsten Mal!

Euer Andi

 

2 Antworten auf „Kinder brauchen keine Zähmung!? – Die Geschichte der Kindererziehung“

sandra sagt:

Sehr interessanter Artikel. Hoffe Sie veröffentlichen in regelmäßigen Abständen solche Artikel dann haben Sie eine Stammleserin gewonnen.Vielen Dank für die tollen Informationen.
Gruß Sandra

Insider Dads sagt:

Hallo Sandra, danke für diesen netten Kommentar. Wir freuen uns sehr darüber, dass auch ernstere Themen gut angenommen werden.

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