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Dankbar sein – 3 Übungen zu mehr Dankbarkeit in Familien

„Du solltest dankbar sein“ hörte ich vor vielen Jahren als kleines Kind. Irgendetwas hatte mich verärgert und ich wollte nicht Dankbarkeit zeigen. Warum bin ich als Mama nicht öfter dankbar, obwohl ich ahne, dass das Leben dadurch leichter ist? Wie werde ich dankbar? Zunächst ein herzliches Dankeschön vom ideas4parents Team an Dani vom Blog Glucke und So, die #TuGutes&SagDanke, eine Blogparade ohne Ende gestartet hat.
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Warum ist Dankbarkeit eine Herausforderung?

Evolution

Wenn wir vor einer Feuerstelle mit einem Kochtopf sitzen ist das zwar schön, aber zum Überleben brauchen wir Nahrung, die wir erst suchen müssen. Deswegen richten wir die Aufmerksamkeit nicht auf den Kochtopf, also auf das, was wir bereits haben, sondern auf die Suche, also auf das, was wir nicht haben. Dankbarkeit für das, was wir besitzen, reicht nicht zum Überleben.

Gewohnheit

Wenn wir uns in einem Umfeld bewegen, das sehr unzufrieden ist und wenig dankbar, übernehmen wir das vielleicht, ohne es zu wissen. Auch wenn das Verhalten nicht nützlich ist, kann es einem aber dennoch ein Gefühl von Vertrautheit und Zugehörigkeit geben.

Perspektive

Das Glas ist halb leer und halb voll. Beides stimmt. Welche Perspektive macht das Leben leichter? Wenn ich Wasser brauche, kann ich mich über das halb volle Glas freuen. Wenn ich keinen schweren Rucksack tragen kann, passt mir der halb leere Rucksack.

Vergänglichkeit

Dankbarkeit ist zerbrechlich, weil auch die Menschen, ihr Verhalten oder die Dinge, für die wir Dankbarkeit als Herausforderung dankbar sind, sich ändern können.
Dankbarkeit Schatten

Wie werde ich dankbar?

Warum lohnt sich Dankbarkeit?

Dankbarkeit verändert die Perspektive und die Wahrnehmung im Moment. Manchmal erfahre ich, dass sich das Leben dadurch sofort leichter anfühlt. Wenn sich auch noch andere von der guten Laune oder dem Virus Dankbarkeit anstecken lassen, ist das noch schöner. (Nein, ich predige nicht darüber, manchmal passiert es einfach so 😉

Wie werde ich dankbar?

Je öfter wir dankbar sind, desto selbstverständlicher und stärker wird die Dankbarkeit, wie ein Muskel.
Dankbarkeit Natur

Dankbar sein nicht nur für „Haben“, sondern auch für „Erleben“, „Sein“,
„Werden“ und „Tun“

Neben dem „Haben„, den kleinen und großen Dingen im Leben, eine Wohnung, die Menschen, die wir lieben, also alles, was man hat oder was zu einem gehört, fallen mir diese Kategorien ein:

  • Erleben: Danke an die Sinne, die mich das Leben erfahren lassen.
  • Sein und werden: Danke, dass ich zunächst sein kann, wie ich bin und auch Dinge und Haltungen ändern kann.
  • Tun: Danke, dass ich Fähigkeiten habe, etwas zu tun und zu geben.

Mit drei kleinen Übungen zu mehr Dankbarkeit in der Familie

  1. Was fällt Dir jetzt in 60 Sekunden spontan ein, wofür Du dankbar bist? Diese Übung kann überall passieren, beim Warten, vor dem Einschlafen oder auch in scheinbar unglücklichen Momenten.
  2. Führe ein Dankbarkeitstagebuch. Hier schreibst Du jeden Morgen oder jeden Abend 3-5 Dinge auf, für die Du dankbar bist.
  3. Dankbarkeit mit Kindern leben: „Was hat mich heute gefreut?“ ist eine beliebte Frage bei uns in der Familie. Jeder kann, aber muss nichts dazu sagen. So ein Ritual setzt nämlich Redelaune und eine entsprechende Verfassung voraus. Ist Ärger oder ein anderes starkes Gefühl da, will das Gefühl zuerst gesehen werden.

Da Dankbarkeit eine Haltung im Leben ist, brauchst Du gar nicht zu „üben“, eine oder mehr Übungen können aber helfen, dankbarer zu werden. Dennoch sind sie keine Voraussetzung dafür, diese Haltung im Alltag zu leben.
Dankbarkeit ist wie ein konfessionsloses Gebet. Ob mit oder ohne Konfession – danke, dass ich, ihr, wir… Oder einfach DANKE für unsere Geburt und das Leben.
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Begleitung

Trotz mit Herzblut bei Kindern und 5 Ideen den Trotz zu überleben

Kinder im Trotz sind eigensinnig – Eltern übrigens auch. „25 total gute Gründe für einen Trotzanfall“ beschreibt Susanne vom Blog „Hallo liebe Wolke“ in ihrer Blogparade. Wir sind dabei, sammeln Gründe und wollen wissen, warum passiert das überhaupt und wie überleben wir Eltern dabei?

25 (Nicht-)Gründe für Trotz bei Kindern

1. Kein Grund für Trotz. Aus Kindersicht sind Eltern scheinbar grundlos trotzig und aus Elternsicht sind Kinder scheinbar grundlos trotzig.
2. Quadratisch, praktisch, Brotzeit – Ein echtes Brot hat vier Ecken und wird in vier gleich große (!) Teile geschnitten. Sonst…
3. Nein, ich bin nicht müde!! (Es sah nur so aus, Toto. Es stimmt aber nicht, Eltern!)
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4. Warum hast Du mir geholfen?
5. Oder warum hast Du mir nicht geholfen?
6. Ich wollte alles essen, nicht teilen! Teilen macht nicht immer Spaß, geht mir auch so, tolle Tochter.
7. Jetzt will ich… Wochenende, groß sein, den Mond sehen, Auto fahren, Geburtstag feiern (auch wenn er letzte Woche war)
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8. Ich will keine Geduld haben, Mama! Geduld ist echt langatmig, tolle Tochter. Ich habe sie auch nicht immer.
9. Warum tut es Deiner Kniescheibe weh, wenn ich darauf stehe? Das soll nicht weh tun, ich will nämlich darauf stehen!
10. Warum hast DU die Post geholt? ICH wollte das machen.
11. Der Schlafanzug in zwei Nummern größer ist zu eng.
12. Ich will liegen.
13. Oder ich will nicht liegen. Welcher Erwachsene kennt keine Ambivalenzen im Alltag? Sport oder doch schlafen?

Nur noch 12 Gründe für Trotz oder Eigensinn bei Kindern

14. Ich wollte mit Papa, nicht mit Mama.
15. Oder ich wollte mit Mama, nicht mit Papa.
16. ICH wollte an das Telefon gehen!
17. Die Zucchini wollte ICH schneiden (Essen würde ich sie nicht im Traum, aber schneiden will ich sie! Warum hast Du mich nicht gefragt?)
18. ICH wollte am Laptop schreiben.
19. Erst, wenn der Zug los fährt, will ich Pommes essen, nicht vorher! Du brauchst mal keine Bücher über Zeiteinteilung im Leben lesen, Toto. Du kennst Dich mit Deinem Timing aus.
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20. Oma soll nicht einkaufen gehen. Wir sind mit dem Spielen noch nicht fertig.
21. Ich wollte die UNO Karten mischen! Hast Du das gesagt? Nein, aber ich wollte!!!
22. Mama: Hast Du Lust zu malen? Toto: Ich will nicht malen!!!
23. Wo ist… Ich finde…nicht. Ich will es jetzt und hier haben!
24. Die lila angemalte Wand ist aber auch schön! Liebe Eltern, warum versteht ihr das nicht und seid so schrecklich starrsinnig?
25. Mama: Habe ich etwas vergessen? Toto: Maamaaa, warum hast Du das vergessen???!

Wie kommt es zum Trotz?

Auslöser für einen Ausbruch sind bekannte: wie Hunger, Durst oder Müdigkeit; das Bedürfnis, mehr zu wollen als noch (!) zu können. Nicht zu vergessen, wir Eltern mit anderen Plänen und unterschiedlichen Rhythmen. Jeder will es am liebsten haben, wie er es sich vorstellt, und dann durchkreuzt die Familie und ihre Mitglieder diesen Plan. Ich will schnell, die Tochter langsam oder ich will langsam, Toto aber schnell.
Foto: Kind und Erwachsener auf dem Spielplatz

5 Ideen, den Trotz zu überleben

1. Ausatmen.
2. Annehmen, was beim Trotz passiert: die Reaktion vom Kind und das Umfeld, das die fast grenzenlose Energie nicht aushält 😉
3. Das Gefühl hinter dem Verhalten sehen und ansprechen.
4. Kein Konzept, je nach Situation

  • Hilfe anbieten
  • Aus der Situation befreien
  • Zum richtigen Zeitpunkt umlenken
  • Wunsch zu einem anderen Zeitpunkt erfüllen

5. Eigene Nervenpflege einplanen – wie auch immer die aussehen mag.

Trost für Trotz oder Eigensinn bei Kindern

  • Kinder sollen angeblich vor allem bei den Menschen bockig sein, denen sie vertrauen und bei denen sie sich sicher fühlen.
  • Kinder dürfen jetzt eigenwillig sein, dann müssen sie in der Pubertät nicht mehr so sehr darum kämpfen.

Nach dem Sturm kommt also irgendwann die Ruhe.
Danke an Susanne für den Aufruf zum Sammeln vieler guter Gründe für den lieben Widerwillen unserer Schätze!
Wie begleitet ihr denn diese spannende Zeit?
Über 3 Schritte, die Aggression bei Kindern zu begleiten, lest ihr hier.
 

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Begleitung

Kleine Tiger beißen nicht nur – in 3 Schritten Aggression bei Kindern begleiten

[Werbung: Dieser Post enthält Werbelinks, die durch * gekennzeichnet sind]

Heute nehme ich meine Aggression als Mama unter die Lupe und schaue hinter die Aggression von Kindern. Das Buch „Aggression – Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist“* von Jesper Juul hat mich dazu inspiriert. Was verbindet ihr mit Aggression? Was bedeutet Aggression überhaupt? Wie können Kinder lernen, mit ihrer Aggression umzugehen?
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Aggression bei Kindern und ihre Botschaft

Heißt aggressiv sein nur laut sein und angreifen? Aggressiv sein bedeutet nicht nur „angreifen“, sondern auch „sich nähern“, also einem Ziel. Um morgens aus dem Bett zu steigen oder von München nach Hamburg zu kommen, brauchen wir Aggression. Was ist, wenn sich die Aggression aber nicht konstruktiv sondern (selbst)zerstörerisch ausdrückt? Ihr habt es selbst erlebt oder erfahren: Kinder beißen, hauen oder treten. Juul lädt uns dazu ein, aggressives Verhalten bei Kindern so zu verstehen: Hallo, existiert dort draußen jemand, der wünscht, meine Welt kennenzulernen und versuchen will, das Leben aus meiner Perspektive zu erfahren? Ich fühle mich in letzter Zeit nicht gut und kann alleine nicht herausfinden, was sich machen lässt. Kinder seien oft frustriert, wenn etwas nicht klappt und zeigen dies häufig durch aggressives Verhalten. Kinder wie Erwachsene würden sich im Moment der Aggression nicht wertvoll fühlen.

Ursachen für Aggression

Kinder fühlen sich dann nicht wertvoll, wenn sie:

  • ausgeschlossen werden.
  • wenn sie einen Wunsch haben, den keiner beachtet.
  • in Konflikten, wenn z. B. Geschwister den aufgebauten Turm zerstören.

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Die Aggression der Eltern und Bezugspersonen

Bezugspersonen zeigen Aggression nicht nur körperlich, sondern auch mit lauter Stimme, mit Strafen oder als versteckte Wut hinter der Engelszunge. Jesper Juul nennt das die Gewalt der Freundlichkeit, da es menschenunmöglich ist, nur freundlich zu sein. Vielleicht habt ihr es selbst bei euch oder bei anderen erlebt: Wer ein hohes Ideal hat, immer freundlich zu seinen Kindern zu sein, scheitert an den aufgestauten Emotionen, bis er doch laut wird und sich am Ende schuldig und traurig fühlt. Oder Bezugspersonen wachsen in einem gewaltbereiten Umfeld auf und lernen leider, dass Konflikte mit Gewalt (dazu zählt auch eine Ohrfeige) zu lösen sind.

In 3 Schritten die Aggression bei Kindern begleiten

In Anlehnung an Jesper Juul könnte man einen Bruder, der seine Schwester schlägt, so begleiten:
1. Persönliche Grenze mit einer Ich-Botschaft ziehen: „Ich möchte, dass Du aufhörst, Deine Schwester zu hauen.“
2. Gefühl sehen: „Ich sehe, dass Du verärgert bist.“ (Wenn Nachfragen möglich ist: „Was hat dich denn so verärgert?“)
3. Lösung anbieten: „Ich zeige Dir, was Du tun kannst, wenn Du etwas nicht möchtest. Es kann eine Weile dauern, bis Du lernst, wie Du das machst und bis Deine Schwester Dich versteht“
Als erwachsene Vorbilder reagieren wir selbst nicht destruktiv aggressiv, sagen also nicht „Es ist böse, seine Schwester zu schlagen“, sondern ziehen eine eigene Grenze, fragen nach und bieten eine konstruktive Lösung an. Kinder werden so dazu ermuntert, selbst ihre persönliche Grenze zu setzen. Sie erfahren, dass sie „gesehen werden“, Fehler machen dürfen und lernen, sich in andere hinein zu versetzen.
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Die Geduld mit der Aggression

Kinder zeigen oft, wie konstruktiv ihre Aggression sein kann: Sie bauen den Turm immer wieder auf, wenn er umfällt und sie stehen wieder auf, wenn sie beim Laufen lernen hinfallen. Die Tochter ruft „Mist“, wenn sie beim Balancieren herunterfällt und versucht es von neuem. Warum Kinder wie Dracula beißen, wie ein Lama spucken, wie Tiger kratzen, uns verbal tot schießen oder zuhauen und den verfolgen, der sich dem Schlag entzieht? Juul schlägt vor: „Kinder brauchen eine Kindheit experimentellen Lernens, destruktive Aggression zu kontrollieren und von konstruktiver zu unterscheiden… Es braucht eine Kindheit lang, um zu lernen, aggressive Gefühle zu integrieren und konstruktiv und kreativ zu nützen.“ Ich als Erwachsene wünsche mir die Geduld, der Tochter diese Zeit zu geben.

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Beziehung

Familie nach Umzug oder wie lernen wir schnell Geduld?

Als unser Umzug als Familie noch nicht abgeschlossen war und unsere Geduld langsam ausging, wurden wir in der Großfamilie bemitleidet: „Oje, ihr habt noch Kisten im Wohnzimmer.“ Unsere nutzbare Wohnungsfläche wuchs also allmählich (im Gegensatz zu den Stofftierbergen, die täglich im Wohnzimmer expandierten) und irgendeine Baustelle findet sich immer.
Nach unserem Umzug habe ich wieder einmal erfahren, dass alles ganz langsam gehen darf, und Tage inmitten von Kisten ein Paradies für Kinder sein kann. Die Erwachsene in mir, die schnell etwas beenden will, lässt sich auf die Langsamkeit ein und übersieht vieles mit Tunnelblick. Auch wenn mir manchmal jemand schmeichelt und meine Geduld lobt, könnte ich jeden Tag auch genau das Gegenteil beweisen.

  • Warum werde ich als Mama so ungeduldig?
  • Warum auch die Ungeduld liebenswert ist?
  • Haben wir und unsere Kinder manchmal mehr Geduld als uns bewusst ist?
  • Wie finde ich schnell Geduld, wenn ich sie brauche?

Geduldig sein bedeutet mehr zu SEIN als zu TUN und genau darin besteht für mich die Herausforderung: Geduld mit sich und mit anderen haben. Meine Ungeduld bringt mich immer wieder dazu, mich zu ärgern oder unruhig zu sein. Was hat denn das mit einem Umzug zu tun?
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Spiel mit der Geduld: Möbel mit Kind zusammen aufbauen

Möbel zusammen aufzubauen ist ein Geduldsspiel und ein Spiel mit dem echten Leben. Kinder ahmen uns Eltern nach, „messen“ Wände aus, lernen Werkzeug kennen: „Mama, ich brauche den Inbusschlüssel.“ Sie trainieren ihre Hand-Hand-Koordination und ihre Auge-Hand-Koordination, die sie zum Schreiben brauchen. Wenn da nur nicht die Ungeduld wäre… Kinder wollen etwas selbständig erleben und wir Eltern wollen oft ein Ergebnis sehen oder etwas beenden. Kinder werden ungeduldig, weil sie auf den Inbusschlüssel warten sollen oder weil etwas nicht klappt.
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Spiel mit der Geduld: Matschküche im Garten

Unsere Matschküche haben wir uns vom Blog „Geborgen wachsen“ abgeschaut. Auch Dani hat bei „Glucke und so“ schon ein schönes Modell aus einer Gartenbank gezaubert. In der Matschküche spielen Kinder frei und entwickeln auch ohne Vorgaben Ideen, was wie benutzt werden kann. Beim Aufbau erleben Kinder den Prozess, sie erfahren, dass etwas selber bauen dauert und dass man warten muss, bis es fertig ist, sie spielen mit der Geduld.
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So schön das klingt, es dauert, gemeinsam Möbel aufzubauen und nicht selbst in einer Nacht- und Nebel-Aktion ohne Kind zu tun. Wie versöhnen wir Eltern uns mit unserer eigenen Ungeduld und wie leben wir Geduld vor?

Warum ich ungeduldig bin

Ich habe einen Plan in meinem eigenen Tempo und in meinem eigenen Rhythmus und der wird durchkreuzt, vom Tempo und Rhythmus meiner Tochter. Wenn ich etwas schnell abschließen möchte, werde ich ausgebremst oder ich will etwas in Ruhe beenden und Toto ganz schnell. Aus Totos Perspektive geht es ihr mit mir genauso – ihr Rhythmus und ihr Tempo treffen auf meinen Rhytmus und auf mein Tempo. Crash!

Warum auch die Ungeduld liebenswert ist

Wenn wir Menschen aber gar nicht ungeduldig wären, würden wir nichts beschleunigen wollen. Wir könnten unendlich lang warten und würden Dinge hinnehmen, wie sie sind, auch wenn wir sie ändern können.

Geduldige Eltern und geduldige Kinder

Manchmal vergessen wir, wie geduldig wir in manchen Situationen sind. Wir tauchen ein in die Welt der Kinder, schauen unseren Kindern beim Spiel zu und lassen sie ausprobieren. Die geduldigen Kinder versuchen aufzustehen, scheitern und versuchen es erneut oder geben nicht auf, die Funktion von Gegenständen zu untersuchen.
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Wie ich manchmal schnell Geduld finde

Dringende und wichtige Aufgaben planen

Was ist dringend? Was ist wichtig? Wichtig ist uns Eltern (vor und nach einem Umzug) vieles – aber was ist wirklich dringend? Was kann warten? Ein Zeitplan mit Pausen und Zeitpuffern fördert meine Geduld, damit nicht alles sofort und schnell erledigt werden muss.

Langer Atem

Im Jetzt bin ich geduldig, wenn ich sofort alles verlangsame. Wie? Egal, bei mir funktioniert lange ausatmen ganz gut. Oder genug Zeit einplanen und in Ruhe handeln, trotz Angst, die Zeit zu „verlieren.“ Es dauert manchmal weniger lang als befürchtet.

Das Spiel mit der Geduld

Wenn ungeduldige Kinder, die wachsen, Hunger und Durst haben oder das Bedürfnis nach körperlicher Nähe, ist es sinnvoll, die Bedürfnisse bald zu erfüllen. Wenn wir ungeduldigen Eltern einen Termin haben, können wir uns zwar genügend Zeit einplanen, aber nicht ausdauernd mit unseren Kindern jede Bordsteinkante entlang balancieren. Aber müssen wir bei jeder Ungeduld etwas tun?
Ich habe mir vorgenommen, in die To-Do Liste mehr „To be“ einzustreuen und öfter mal mit der Geduld zu spielen: da SEIN und wenig TUN, dem Geduldsmuskel zuliebe.
Wie findet ihr Geduld, wenn ihr sie nicht habt, aber braucht?
 
 
 
 
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Beziehung

Bist Du noch Macke oder schon Talent? – Wie gehe ich mit den Macken meiner Kinder um?

Über Macken bei kleinen Kindern und deren Potential…

Haben eure Kinder auch so viele Macken wie meine? Mit ihren gerade mal 3 und 5 Jahren haben meine beiden Jungs, Blondschopf (5) und Blauauge (3), auf dem Gebiet ganz ordentlich was zu bieten. Da werden die Nerven der Eltern schon mal auf die Probe gestellt. Hier kommen meine Erfahrungen zu den Macken meiner Kinder und wie ich damit umgehe.
Nadine von „Zwischen Windeln und Wahnsinn“ hat zur Blogparade mit dem Motto #Kindermacken&Co aufgerufen und ich fühle mich daher eindeutig angesprochen!
Ideas4parentsBlogparadeKindermacken (1)
Als ich klein war pflegte meine Mutter oft zu mir zu sagen: „Mei, Du hast fei scho a soichane Suchten, Du!“ (Für die Hochdeutschen unter uns: „Du hast aber schon ganz schöne Macken, Du!“) Ich hab dann immer gelacht und meine Mutter hat dann nur noch den Kopf geschüttelt. Heute weiß ich, wie sich meine Mutter gefühlt haben muss. Jetzt, wo ich selbst Mama von zwei Jungs bin.
Und ich muss mich wirklich manchmal zusammenreißen. Einerseits gehen mir diese Marotten nämlich unheimlich auf den Geist. Aber als verständnisvolle Mutter nehme ich sie natürlich so hin wie sie sind, hoffend, dass es nur vorübergehende Phasen sind. Manche Macken sind ja auch niedlich und süß, beispielsweise das schnalzende Geräusch mit der Zunge, wenn meinem 3-Jährigen Sohn Blauauge ein Wort nicht einfällt. Aber manche Suchten – wie es meine Mama gerne ausgedrückt hat – sind einfach nur nervig und anstrengend. Daher dachte ich mir, vielleicht sollte man versuchen, diesen Macken mal etwas Gutes abzugewinnen und aus einer anderen Sicht betrachten. Vielleicht sind diese Macken ja sogar nützlich und ich verkenne sie nur! Es heißt ja, man soll sich nicht auf die Schwächen seiner Kinder konzentrieren, sondern sein Augenmerk auf die Stärken legen. Also die Talente seine Kinder fördern, sein Kind in seinen emotionalen und sozialen Kompetenzen stärken. Von der Macke zum Talent eben. 😉

Ideas4parentsBlogparadeKindermacken (1)

Miau miau… schnurr schnurr… miau miau… schnurr schnurr…


Meine Söhne haben – und da bin ich ganz stolze Mama – viele Macken, äh ´tschuldigung, Talente meine ich, wie z.B.:

  • immer dazwischen reden, wenn Mama telefoniert (beide)
  • praktisch immer ein „ge!?“ oder ein „oder?“ an das Ende seine Sätze zu hängen (der Große)
  • die Saftschorle nur mit Strohhalm trinken zu können (beide)
  • Die Zahnpasta immer erst von der Zahnbürste runter zu lutschen, bevor geputzt werden darf (der Kleine)
  • AC/DC zu singen (bevorzugt „You shook me all night long“), wenn er hinten auf dem Kinderfahrradsitz sitzt (der Kleine)
  • Ständig, immer und überall „warum?“ oder „wieso?“ zu fragen (der Große)
  • „Miau“ zu sagen, wenn er verkuschelt ist (der Kleine)
  • Immer seine kleine Batterie betriebene weiße Katze (siehe Foto) mit rosablinkender Leine mitnehmen zu müssen (schnurren und miauen kann die übrigens auch noch, die hat was drauf Leute!!); (der Kleine)
  • Die Kuscheltiere dürfen nicht am Kopf des Bettes liegen, nur am Fuß (der Kleine)
  • vom Schokoriegel erst die Schokohülle zu essen und dann das Knusprige (der Große)

Für was die oben aufgezählten Macken jetzt genau gut sein sollen, das weiß ich (noch) nicht, aber ich bin sicher, da steckt ein tieferer Sinn dahinter und wenn sie nur dafür da sind, uns Erwachsene zu erheitern und auf Trab zu halten, das ist auch eine erwähnenswerte Kompetenz! Aber auf zwei Macken meiner Kinder bin ich besonders stolz und die möchte ich Euch nun genauer erläutern:

Das Insekten-Alarmsystem

Mein kleiner 3jähriger Sohn Blauauge hat nämlich ein Insekten-Alarmsystem eingebaut. Auf ihn ist immer Verlass, er sieht Fliegen, Mücken, Bienen oder auch kleine Käferchen immer als Erstes und lässt dann seine Sirene ertönen: „IIIIh, eine Fliiiiiegeeee!!!!“ oder „Aaah, eine Biiiiiiene!!!“ Lustigerweise verwechselt er immer Biene und Fliege, hält also die Fliege für eine Biene und andersherum, was der Situation aber nichts an Dramatik nimmt. Sonst funktioniert die Alarmanlage aber phänomenal. Wirklich ein großes Talent! Mit dieser Gabe stehen ihm viele Türen offen.
Wer weiß, vielleicht kann er als Insekten-Frühwarnsystem mal in einer Konditorei mitarbeiten – da haben Insekten absolut keine Chance mehr! Oder auch in einem Restaurant als Koch oder Kellner – die Fliege in der Suppe würde bei ihm niemals so weit kommen! Aber auch als Herrenausstatter könnte er gute Chancen haben, er schlägt sofort Alarm bei unpassender Fliege! (Hahaha) Fest steht, mit diesem Talent ist er auf jeden Fall vielseitig einsetzbar! Und langweilig wird es uns mit dieser grandiosen Macke sicher auch nicht! 🙂

Der Metall-Aufspürer

Mein 5-jähriger Sohn Blondschopf hat auch einiges drauf, er kann nämlich Metall aufspüren. Und zwar so gut, dass ich ständig etwas Metallisches in seinen Jacken oder Hosentaschen finde, wenn ich sie waschen möchte oder auch nur vom Boden aufklaube. Sein neuestes Fundstück ist ein rostiger Nagel. „Mama, man braucht doch Nägel. Zum Hausbauen zum Beispiel!“ Wo er recht hat, hat er recht. Was er mit den zig rostigen und erdigen Kronkorken (siehe Foto) bauen will, erschließt sich mir jetzt nicht so schnell. „Oh Mann, Mama!! Die kann ich tauschen!“ „Achso! Und was bekommst Du dafür?“ „Na, andere Kronkorken!!“ Alles klar.
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Der Fehler, den ich jetzt als Mutter machen kann, ist der, mein Kind davon abzuhalten, eben bei jeder Gelegenheit mit bloßen Händen (tiefschwarze Fingernägel, die hartnäckig dreckig bleiben!) nach altem Metall wie verlorenen Schrauben oder weggeworfenen Kronkorken in der Erde zu graben. Denn im Grunde steckt ja etwas ganz anderes dahinter. Er sucht nach Wertvollem, eben einen Schatz, das große Geld! Und tatsächlich! Man muss nur lange genug ausharren können, und schon hat es sich gelohnt! Denn immerhin, er hat einen mindestens 1 Cent wertvollen Cent gefunden! (siehe Foto) Und vielleicht eine antike Löwenmünze. Oder doch nur ein alter Knopf? Alles Ansichtssache.
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Und dann meint Blondschopf noch glücklich: „Mama, wenn ich mal ganz ganz viel Geld finde, dann baue ich uns ein Haus! Mit Garten!“ Na, das ist ein Wort! 🙂 Da erscheinen die peinlichen Einlagen vor dem Supermarkt plötzlich in einem ganz anderen Licht, wenn er mit einem Stöckchen versucht, unter einem Schuhabstreifgitter eine 20 Cent-Münze herauszuholen und jedem eintretenden und herauskommenden Kunden den Weg versperrt. Dies werde ich demnächst mit engelsgleicher Geduld beobachten können und von unserem Haus mit Garten träumen. 😉
Wie soll man also am besten mit den Macken seines Kindes umgehen? Mein Tipp, einmal tief Luft holen und loslachen! Und dran denken, jede Macke ist Ausdruck der Persönlichkeit des Kindes und somit auch der Entwicklung des kleinen Wesens. Mit ständigen Wiederholungen lernt es sich selbst besser kennen, seine Talente und Fähigkeiten. Macken gehören nun mal dazu!
Mit dem Zitat von Wolfgang J.Reus und einem lieben Dank an Nadine für dieses wunderbare Blogparaden-Thema wünsche ich noch allen Müttern und Vätern viele erfrischend talentierte Macken und Marotten ihrer Kinder! Es lebe die Macke! 🙂
 

„Menschen sind wie die Äpfel im Supermarkt – Irgendeine Macke hat jeder.“

Wolfgang J. Reus (1959 – 2006), dt. Journalist, Satiriker, Aphoristiker und Lyriker

 

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Beziehung

Eltern und Kinder voller Ratschläge – annehmen oder sich selbst vertrauen?

Ratschläge sind willkommen oder auch nicht. Welche Erfahrungen hast Du mit „guten Ratschlägen“? Zu diesem Thema hat der Blog Papaleaks eine Blogparade gestartet: „Mein Kind kann das schon alleine“. Seine Fragen sind: Wie geht ihr mit Ratschlägen um? Seid Ihr vielleicht jemand der anderen gern aus seinem Erfahrungsschatz Ratschläge erteilt? Was haben Eure Kinder von ganz alleine gelernt und gewollt und wo „musstet“ Ihr „nachhelfen“?
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Ich glaube daran, dass sich Kinder in einer anregenden Umgebung entwickeln und vieles von alleine lernen. Warum leisten Menschen manchmal ungefragt „Beistand“? Was unterscheidet mich von Ratgebern? Was habe ich mit Ratgebern gemeinsam?

Warum beraten Menschen?

Was sagt mir die Person, die mich berät, über sich selbst? Vielleicht möchte die Person ihre Erfahrung mit mir teilen. Oder sie berät und hilft gern, auch ungefragt. Vielleicht glaubt die Person, sie hat eine gute Lösung gefunden und möchte diese weiter geben. Vielleicht glaubt sie aber auch, ich mache es „falsch“ und sie „richtig“. Bei Großeltern und Freunden kann es weh tun, wenn wir den Rat zurückweisen. Jemand wollte „helfen“ und wir Eltern lehnen die Hilfe ab.

Worin ich mich von Ratgebern mit Ratschlägen unterscheide

Was andere meinem Kind und mir manchmal nahe bringen wollen, entzieht sich meiner Logik. Mein Kind ist keine allgemeingültige Gleichung. Was für Kind x gilt, muss nicht für mein oder ein anderes Kind x gelten. Ratgeber stellen mich manchmal vor unlösbare Gleichungen, weil das, was sie sagen oder glauben, meiner Meinung nach für kein Kind gilt.

Was ich mit Ratgebern gemeinsam habe

Wenn es nicht fremde „Berater“ sind, die sich selbst gern reden hören, wollen wir alle ein Kind, das im Leben klar kommt. Oder die „Mentoren“ wünschen sich, dass wir Eltern gut mit unserem Kind leben können, weil wir ihnen etwas bedeuten.
Wo gebe auch ich Hinweise oder Ratschläge oder lasse mein Kind nicht nur alleine etwas tun, obwohl mir mein Kind und seine Selbständigkeit sehr am Herzen liegt?
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Woran ich als Mama arbeite

Selbständigkeit

Auch ich ertappe mich regelmäßig dabei, mein Kind nicht allein machen zu lassen und die Geduld von uns Eltern zu schonen: Die Tochter möchte aus der vollen Milchtüte Milch in eine kleine Schale einschenken oder die Cornflakes in Milch ertränken und dabei aus Versehen ein Kleopatra Milchbad produzieren. Was stelle ich zur Verfügung, damit mein Kind es doch alleine kann? Ich baue später eine Gießstation auf, mit einem leeren Milchkarton, den ich mit Wasser fülle. Noch einmal davon gekommen, in dieser Sache. Wenn alle Situationen so leicht zu lösen wären…
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Sicherheit

Klar, ich kann mein Kind das erste Mal nicht allein über die Straße laufen lassen. Vor was sollte ich die Tochter schützen oder lieber nicht schützen, damit ich sie nicht um wertvolle Lebenserfahrung bringe? Die Frage stelle ich mir immer wieder und die Antwort fällt entsprechend der Situation immer wieder anders aus.

Schutz vor Anderen

Ich mische mich auch manchmal ein und sage jemanden, dass die Tochter das schon allein kann. Aber kann sie das nicht selbst, wenn es sie stört? Zum gegebenen Zeitpunkt wird sie es können, wenn ich sie lasse.

Mehr Hilfe als nötig

Warum gebe ich der Tochter ungefragt eine Handlungsanweisung? Weil ich z.B. ungeduldig bin oder nicht genügend Zeit eingeplant habe. Das kommt im Alltag vor. Oder es läuft so: Die Tochter ist dabei, einen stapelbaren Einkaufskorb zurück zu bringen. Verkniffen habe ich mir zu sagen, dass sie den Korb umdrehen soll, damit er auf die anderen Körbe passt. Das hat sie nämlich selbst ohne meine Empfehlung herausgefunden.
Hat sich da am Ende ein getarnter Rat an alle Eltern eingeschlichen?
Nein, für mich klingt es wie ein Gebet an etwas Höheres (ohne Missionierung): Lass uns ALLE Eltern immer wieder zum passenden Zeitpunkt die Geduld, den Mut und das Vertrauen aufbringen, Kindern eigene Erfahrungen zu ermöglichen.
 
 

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Beziehung

Kinder brauchen keine Zähmung!? – Die Geschichte der Kindererziehung

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Wie ich hier schon einmal beschrieben habe, mache ich mir im Grunde wenig Sorgen darüber, ob sich unsere Tochter „gut entwickeln“ wird.
Aber natürlich denke ich als Papa immer wieder nach, wie ich in verschiedenen Situationen angemessen „reagiere“.
Und darüber hinaus interessiere ich mich generell dafür, wie mit Kindern umgegangen wird. Oder wie sich die Erziehungsstile im Lauf der Zeit geändert haben.

Ich glaube inzwischen, dass sich gerade in der Form der „Kindererziehung“ die Gesellschaft unfreiwillig und unbewusst von ihrer „wahren“ Seite zeigt. Und das scheint schon immer so gewesen zu sein…

Tatsächlich beschäftige ich mich verstärkt mit dem Thema, seit ich auf den Familientherapeuten Jesper Juul gestoßen bin. Jesper Juul scheint zur Zeit einer der prominentesten Autoren und Ratgeber in Sachen „Kindererziehung“. Und ich kann sagen, ich habe jetzt mit großem Interesse sein Buch „Dein kompetentes Kind„* gelesen. Daher möchte ich euch heute ein paar Inhalte daraus vorstellen, die ich spannend finde.

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Die Geschichte der Kindererziehung

Zuvor verweise ich euch jedoch – quasi zur Hintergrundlektüre – auf zwei Seiten, auf denen man sich über die Geschichte der Kindererziehung grundsätzlich informieren kann:

  1. Der Abschnitt „Gebildete Kindheit“ aus dem Handbuch der Bildungsarbeit im Elementarbereich der Uni Bremen
  2. Die „Geschichte der Kindererziehung“ aus werner stangl’s Arbeitsblättern

Beide Seiten führen kurz und knapp durch die Geschichte der Kindererziehung und zeigen auf, wie sich unser Bild vom Kind und Kindsein über die Zeit verändert hat.

Die kleinen Wilden

Wie man aus diesen Quellen leider erfährt, ist die Geschichte der Kindererziehung von vielen Grausamkeiten durchzogen. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert prägte insbesondere die Vorstellung von den „kleinen Wilden“ das Bild des Kindes – und damit den Umgang mit den Kindern.
Kinder werden demnach wild geboren (eher als egozentrisches, wildes Tier denn als fertiger Mensch). Sie müssten durch verschiedene Methoden gezähmt werden, damit sie später in unsere Gesellschaft passen (und dort ihre Pflichten erfüllen).

Integrität und Kooperation

In seinem zweiten Kapitel mit der Überschrift „Kinder kooperieren“ benennt Juul diesen „Konflikt zwischen dem Einzelnen und der Gruppe„. Und er deutet ihn letztlich als Konflikt zwischen der Integrität des Individuums und der Kooperation in der Gemeinschaft.
Die Theorie von den kleinen Wilden, so Juuls, habe zu der vorherrschenden Meinung geführt, dass Kinder grundsätzlich einmal nur egozentrisch seien und auf Krawall gebürstet. Durch klare Strukturen und Regeln wollte man verhindern, „dass Kinder die Macht übernähmen„.

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Auch noch in den letzten Jahrzehnten habe sich daher die Fehleinschätzung in den Köpfen gehalten, dass Kinder in erster Linie aus Egomotiven handelten.
Erst seit kurzem habe sich jedoch, laut Juuls, in der Wissenschaft die Einsicht erhärtet, dass es gerade umgekehrt sei. Kinder würden in den meisten Fällen eher zur Kooperation neigen als zu Konfrontation und egoistischem Verhalten.

Die versteckte Kooperation

Dabei – und das fand ich besonders spannend – sei diese Kooperation nicht immer auf den ersten Blick als solche erkennbar.
Kinder würden nämlich nicht kooperieren, indem sie tun, was man will oder ihnen sagt. Sie seien dafür bereits viel zu kompetent.
Unbewusst weisen sie uns stattdessen auf Schwierigkeiten in unserer Beziehung zu ihnen hin, gerade indem sie NICHT tun, was Mama oder Papa vielleicht erwarten!
Juuls bringt einige gute Beispiele, die ich hier in der Kürze leider nicht gut wiedergeben kann. (An dieser Stelle kann ich nur auf das Buch selbst verweisen)
Doch unter dem Strich steht dabei immer eine Aussage:

Egal wie sich dein Kind verhält, es hat einen respektablen Grund dafür, und tut das nicht einfach aus Egoismus oder Lust an der Konfrontation!

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Die Integrität von Eltern und Kindern muss gewahrt bleiben!

Wenn nun aber die Kooperation der „Hauptmodus“ des Kindes ist, entsteht quasi ein verdrehtes Bild der Gefahrenlage.
Bisher befürchten noch immer viele Eltern, dass sich unsere Kinder zu asozialen Wesen entwickeln, wenn wir nicht korrigierend eingreifen. Eher müssen wir wohl dafür Sorge tragen, dass sie nicht ihre Integrität verlieren, wenn sie über Gebühr zu falscher Kooperation gedrängt würden.

Integrität, so Juuls, umfasse „unsere gesamte physische und psychische Existenz„. Kinder seien grundsätzlich auf Kooperation gepolt – und es ist die Aufgabe der Eltern für ihre Integrität zu sorgen. Da Anpassung evolutionär für den Erhalt der Art unabdingbar sei, wäre die wirkliche Herausforderung, die persönlichen Grenzen des Kindes nicht zu verletzen.

Dabei aber dürften Eltern nicht den Fehler machen, über ihre eigenen Grenzen zu gehen!
Denn gerade, indem Eltern ihre EIGENEN Grenzen als solche deutlich machten, leben sie ihrem Kind vor, wie es selbst auf seine Grenzen achten kann und muss.

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Mein Fazit

Ich finde Jesper Juuls einen spannenden dritten Pol gegenüber herrschenden Konfliktpositionen. Bei ihm müssen Kinder und Eltern beide auf sich und aufeinander achten. Die Beziehung zwischen ihnen steht im Vordergrund. Und das finde ich schön und spannend zugleich! 🙂

Bis zum nächsten Mal!

Euer Andi