Freies Malen bei Kindern – was können wir als Eltern bereit stellen, damit Kinder die Gelegenheit, aber nicht den Zwang haben, zu malen? Als Kind habe ich, soweit ich mich erinnern kann, nicht besonders gern Picasso gespielt. Erst in meiner späten Jugend habe ich schwarze Naturbilder und bunte Städte gemalt und mit Ölfarben und Zeichenkohle experimentiert.
Wie können Kinder selbst das Malen für sich entdecken oder es auch früher oder später sein lassen, je nach ihrer Neigung? Gestaltest Du gern mit Kindern oder ist das für Dich eine Pflichtübung?
Malentwicklung ab 0 Jahren
Zuerst ein stark vereinfachter Streifzug durch die Malentwicklung von Kindern: Kinder beginnen mit dem Spurschmieren im Sand, im Schnee, im Essen und in der Erde. Je nachdem, wie schmutzig oder auch klebrig die Materialien sind, kostet es uns Erwachsene manchmal Überwindung dieses Schmieren zuzulassen.
Mit Sprühsahne oder Rasierschaum (Achtung orale Phase: möglichst nicht schlucken) auf einer vorbereiteten abwischbaren Unterlage können Kinder drinnen in einem begrenzten Rahmen matschen. Draußen sind Experimente mit Wasser und Sand bzw. Wasser und Erde beliebt.
Bis ca. 3 Jahre kritzeln Kinder mit Strichen, Kreis- und Spiralformen. In einem Zeitraum von 3 bis 5 Jahren entsteht der Kopffüssler, ein Kreis mit Fühlern. Zunehmend werden mehr Details gezeichnet, Szenen und Geschichten folgen. Die Röntgenbilder lassen zum Beispiel einen Blick in das Innere eines Koffers zu. Vielleicht kennt ihr auch die Wimmelbücher, die das Innenleben eines Hauses zeigen. Statt richtigen Größenverhältnissen bilden Kinder ihre innere Realität ab. In einem Zeitraum von 8-12 Jahren werden die Größenverhältnisse realistischer, ab ca. 10 Jahren taucht die dritte räumliche Dimension in den Bildern auf. Die Angaben der Phasen sind Richtwerte. Wer Kinder hat weiß: Phasen sind zum Verweilen oder auch zum Überspringen da.
Beim Malen den Körper erfahren
Zunächst brauchen Kinder keine besonderen Techniken, sondern die Möglichkeit, selbst Erfahrungen zu machen, mit Fingerfarben oder Stiften, die entsprechend ihrer Motorik gut in der Hand liegen. Kinder beginnen mit dem sogenannten Faustgriff zu malen, mit etwa 4-4,5 Jahren entwickeln sie den Dreipunktgriff. Dicke Stifte oder Wachsmalblöcke eignen sich gut für den Faustgriff. Wer keine dicken Stifte hat, kann sie mit einer Schaumstoffisolierung verdicken. Wenn Kinder mit dem Malen beginnen, geht es auch oft um die Körperbewegungen, die sie erleben, im Handgelenk oder im Ellbogen- und Schultergelenk. Wie viel Förderung beim Malen ist eigentlich nötig? Oder was stellen wir als Eltern zur Verfügung, damit sich unser Kind selbst fördern kann?
Dies führt uns zu meinen Do’s und Dont’s beim Malen mit Kindern.
Meine Dont’s beim freien Malen mit Kindern (selbst getan oder bei anderen erlebt)
1. Don’t: Ergebnis loben
„Das sieht toll aus“ und „das kannst Du gut“. Bestimmt lobe ich auch mal so, lobe aber lieber, wenn ein Kind etwas ausdauernd versucht, obwohl es schwierig ist. Warum? Ich wünsche mir, dass mein Kind auch unabhängig von Lob und Belohnung handeln kann. Kinder, die es gewohnt sind, gelobt zu werden, fragen „Ist das schön?“ Ich frage gern zurück „gefällt es Dir?“ oder ich lobe den Prozess „Das hat Dir Spaß gemacht.“
2. Don’t: Zuviel Worte sagen
Pst. Natürlich habe ich mich auch schon unterhalten, während mein Kind malt, aber es entsteht eine besondere Atmosphäre, wenn dazu nicht gesprochen wird. Später, wenn Kinder Szenen und Geschichten malen, reden Kinder oft selbst, aber auch hier halte ich mich als Erwachsener mit eigenen Worten lieber zurück.
3. Don’t: Bild interpretieren
Ist ein Kind zurückhaltend und verschlossen, weil es keine Tür in ein Haus einzeichnet? Auf Nachfrage, warum das Haus keine Tür hat, haben Kinder oft eine einfache Antwort für die Psychologen unter uns: „Die Tür ist auf der anderen Seite vom Haus, deswegen sieht man sie nicht.“ oder „warte, die male ich noch.“
Meine Do’s beim Malen mit Kindern
1. Do: Geeignetes Material zur Verfügung stellen
Fingerfarben oder dicke Stifte, wie Wachsmalblöcke mit Papier anbieten. Dünne Stifte, die bereits viel Kraft erfordern, eignen sich vielleicht noch nicht. Wer Lust auf mehr Gestaltung hat, kann Straßenkreiden, Window Colours, Schwämme, Pinsel und Pipetten bereitstellen. Kinder können mit verschiedenen Maltechniken, wie „nass in nass“, mit Wachs oder mit Zuckerkreide experimentieren. Manchmal geht es mehr um die Bewegung von Handgelenk, Ellbogen und Schulter als um das Malen selbst. Also fangen wir doch einfach mit wenig Material an.
2. Do: Fragen zum richtigen Zeitpunkt
Kinder, die bereits Gegenstände und Geschichten malen, sprechen auch mal gern über ihre Bilder. Fragen nach dem Malen stellen, nicht während des Malens. Die Fragen sind offen und ohne Vorinterpretation, z.B. wie geht es Dir auf dem Bild?
3. Do: Her mit den schwarzen und dunklen Stiften
„Das ist aber düster“ sagte eine Erwachsene zu einem Kind, das sich für die Farbe schwarz entschieden hatte. Warum müssen Kinderbilder immer bunt sein? Ist die Trauerfarbe ein Tabu? Dementsprechend könnten andere Kulturen kein weißes Papier verwenden, weil dort weiß als Trauerfarbe gilt. Toto hat vor kurzem mit schwarzer Zeichenkohle gemalt und dazu gesagt: „ui, das ist schön“. Ich habe in diesem Moment nicht nachgefragt, was ihr daran so gut gefällt, weil sie so vertieft war und ich den Malprozess einfach nur miterleben wollte.
Authentizität
Müssen Eltern mit ihren Kindern malen? Mal Unlust seinen Kindern mitzuteilen ist nur echt. Eltern müssen nicht malen, wenn sie mit Stift und Papier ein Angebot für die Kinder machen. Dennoch, wer sich als Erwachsener hin und wieder von der Begeisterung der Kinder anstecken lässt, verabschiedet sich für einen Moment von alten Glaubenssätzen, wie „Malen hat mir nie gefallen“ und entdeckt vielleicht das Experimentieren mit Farbe noch einmal neu, wie beim Zauber eines Neubeginns.
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